Gielen, Michael: Brahms
1995
1995
Johannes Brahms
SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg
Michael Gielen
Tr. 1 Johannes Brahms: Tragische Ouvertüre d-Moll op. 81
Tr. 2 Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 1 c-Moll op. 68
Der von Beethoven begründete sinfonische Anspruch, der Schubert bereits zur Last geworden war, ihn freilich auch zu sich selber finden ließ, bedrückte Brahms wahrlich nicht weniger. Die Umstände sind bekannt: Der erste Plan zu einer Sinfonie wurde 1854 gefasst, als eine Sonate für zwei Klaviere vorlag, mit deren Gestalt Brahms nicht zufrieden war; die Umwandlung zur Sinfonie misslang; beim dritten Versuch prägte sich das Material zum d-moll-Klavierkonzert aus. Kein Wunder, dass der zweite Anlauf dann erst recht Zeit in Anspruch nahm: Der 1855 begonnene erste Sinfonie- Satz war, noch ohne den Sostenuto- Anfang, nicht vor 1862 vollendet; zur endgültigen Ausarbeitung des ganzen Werkes aber kam es erst in den Jahren 1874 bis 76. Die Uraufführung der 1. Sinfonie fand am 4. November 1876 in Karlsruhe statt, Dirigent war Otto Dessoff.
Nun war Brahms, wie der Dirigent Carl Schuricht es formulierte, »trotz der Fülle des Geschaffenen weder Viel- noch Schnellschreiber – kein Werk ging in den Druck, das er zuvor nicht hätte lange ausreifen lassen«. Die so erreichte Genauigkeit und Konzentration konnte schließlich der Neuen Musik (neben anderem) beispielhaft werden. Arnold Schönberg (1931): »Von Brahms habe ich gelernt: 1. Vieles von dem, was mir durch Mozart unbewusst zugeflogen war, insbesondere Ungradtaktigkeit, Erweiterung und Verkürzung der Phrasen. 2. Plastik der Gestaltung: nicht sparen, nicht knausern, wenn die Deutlichkeit größeren Raum verlangt; jede Gestalt zu Ende ausführen. 3. Systematik des Satzbildes. 4. Ökonomie und dennoch: Reichtum.«