Michael Gielen hat sich im Laufe der Jahre – und er ist mittlerweile schon über 80 – den Ruf eines profunden Kenners und Interpreten moderner und auch zeitgenössischer Musik erworben. Nicht zuletzt dürften seine eigenen Kompositionen dazu beigetragen haben, ihm diese Kompetenz zuzuschreiben. Diese Einengung auf ein bestimmtes Repertoire hat den Dirigenten allerdings nicht und nie daran gehindert, sowohl klassische wie auch romantische Musik zu dirigieren, zu genießen. Erst in jüngster Zeit sind bei SWR music/hänssler CLASSIC mit zahlreichen Auszeichnungen prämierte Aufnahmen erschienen, etwa Schönbergs hyperromantische „Gurrelieder“ oder verschiedene Strawinsky- und Bartók-Darstellungen. Das gestaltet Gielen mit einem Überblick und einem Feuer, das ihm so schnell keine nachmacht. Aber auch seine Schumann-Lesart ist hinreißend: Quick, lebendig, ohne prätendierte Sentimentalität. Dazu bedürfen Orchester und Maestro keiner historisierenden Darstellungsweise, die Musik fließt akzentreich und geschmeidig, dass es ein Ohrenschmaus ist.